Der Hovawart

Allgemeines
Wenn man mit einem Hovawart unterwegs ist, erregt man immer Aufsehen. Er erscheint aufgrund seiner harmonischen Linien und dem (besonders bei Rüden) imposanten Erscheinungsbild auch dem Laien als "schön". Die wenigsten Passanten erkennen aber auf Anhieb die Rasse, blonde Hovawarte werden häufig mit den bekannteren Golden Retrievern verwechselt, schwarze mit Neufundländern oder neuerdings auch Flat Coated Retrievern, und schwarzmarkene Exemplare werden gerne als "gelunger Rottweiler- oder Schäferhundmix" tituliert. Dabei ist der Hovawart eine urdeutsche Rasse, die inzwischen auch eine recht gute Verbreitung ausserhalb Deutschlands gefunden hat.

Geschichtliche Entwicklung
Der Hovawart als Rasse ist noch sehr jung, sein Name aber leitet sich aus dem mittelhochdeutschen Wort "hovewart" her - Wächter des Hofes und der Habe. Bereits im Schwabenspiegel, einem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Gesetzestext, wird der "hovewart" erwähnt, dessen Diebstahl mit dem Ersatz eines gleichwertigen Hundes sowie einer Geldstrafe von bis zu 3 Schilling geahndet wurde. Die Forderung nach einem gleichwertigen Ersatz lässt darauf schließen, dass die Zucht der Hunde üblich und verbreitet war. Über das Aussehen dieser "hovewarte" gibt es allerdings keine genauen Angaben, nur dass es sich um große, derbe und kräftige Hunde eines ziemlich einheitlichen Schlages gehandelt haben soll. Als Bildquelle wird gerne Albrecht Dürers Gemälde "Ritter, Tod und Teufel" von 1513 (rechts) herangezogen, worauf ein großer, langhaariger Hund mit Hängeohren zu sehen ist.

Albrecht Dürer: "Ritter, Tod und Teufel", 1513
Der eigentliche Beginn der Hovawartzucht liegt in den zwanziger Jahren. Damals begannen der Idee von Curt F. König folgend Alwin Busch, Geiser, J.A. Becker und andere mit der Rekonstruktion des mittelalterlichen Hofhundes nach ihren Vorstellungen. Hierzu kreuzten sie sogenannte "Typhunde", die sie in Harz und Odenwald gefunden hatten, mit Schäferhunden, Neufundländern, Leonbergern und Kuvasz-Hunden. Auch eine afrikanische Wildhündin (Paria?) oder Windhündin (Sloughi?) (Kejcz, 1999) soll ebenso wie zwei sibirische Wölfe Eingang in die Zucht gefunden haben (Bengenforth, 1992), hierüber liegen aber keine gesicherten Unterlagen vor. Auf der "Grünen Woche" in Berlin 1937 wurde die Rasse auf Betreiben Königs anerkannt, welcher sowohl über die entsprechenden Beziehungen zum NS-Regime verfügte als auch geschickt Werbung für den "Germanenhund" zu machen verstand.
Castor Meyer-Busch, geb. 1932

 

Nach dem 2. Weltkrieg war der Bestand an Zuchttieren stark zurück gegangen. Die Züchter begannen zunächst auf sich allein gestellt mit dem Wiederaufbau der Zucht. Sie schlossen sich aber im Laufe der Zeit zu Landesgruppen zusammen, so dass regional unterschiedliche Hovawartschläge entstanden (je nach prozentualem Anteil der verschiedenen Ausgangsrassen bei den ursprünglichen Kreuzungen). 1948 entstand aus diesen Landesgruppen der "Rassezuchtverein für Hovawart-Hunde" (RZV), welcher die nunmehr offiziell anerkannte Rasse im "Verband für das Deutsche Hundewesen" (VDH) und der Fédération Cynologique Internationale (FCI) vertrat. Ein weiterer Meilenstein in der Rassegeschichte war die Anerkennung des Hovawarts als 7. deutsche Dienstgebrauchshunderasse im Jahre 1964. Heutzutage wird die Rasse im VDH außer vom Rassezuchtverein für Hovawart-Hunde e.V. (RZV) von der Hovawart-Zuchtgemeinschaft Deutschland e.V. (HZD) und vom Hovawart Club e.V. (HC) mit unterschiedlichen Zielsetzungen betreut.


Drei "Nachkriegs-Hovawarte", 1949

Wesen und Verhalten
Hovawarte werden aufgrund ihres ausgeglichenen, aber dennoch lebhaften Charakters und ihrer Anpassungsfähigkeit geschätzt. Im Haus meist ruhig und gelassen, entfaltet sich ihr Temperament erst im Freien. Sie eignen sich gut für das Familienleben auf dem Land, aber ein eigener Hof ist keine Vorausetzung zur Haltug eines Hovawartes. Diese Hunde können sich ebenso wohl in einer Stadtwohnung bei einem Single fühlen -entsprechende Beschäftigung und Gewöhnung immer vorausgesetzt.
"Kinderwart"

Hovawarte sind intelligent und haben einen eigenen Kopf, was sie die Schwächen ihrer Besitzer oft schamlos ausnutzen läßt. Das heißt aber nicht, dass sie eine harte Hand benötigen, sondern eine liebevoll-konsequente Erziehung von Welpenbeinen an. Am besten klappt das Zusammenleben, wenn sie mit ihrem Besitzer ein Team bilden können. Hovawarte haben als anerkannte Gebrauchshundrasse üblicherweise einen guten Beutetrieb, ebenso eine gewisse natürliche Wachsamkeit gegenüber allem Fremden.

"Teamwork"
Diese Eigenschaften gilt es frühzeitig durch eine korrekte Sozialisierung in die richtigen Bahnen zu lenken. Besonderer Wert ist hierbei auch auf eine gute Sozialisation mit Artgenossen, Kindern und auch anderen Tieren zu legen, nur so kann ein Hovawart auch als ausgewachsener Hund die Freiheiten geniessen, die ein Hundeleben nun mal lebenswert machen. Ein unerzogener, schlecht sozialisierter Hovawart ist eine Plage und eine Gefahr für seine Umwelt!
"Katzenwart"
Hovawarte sind spätreif, d.h. erst mit 3-4 Jahren sowohl körperlich wie geistig ausgereift. Bis dahin durchlaufen diese Hunde eine Reihe von teils unsicheren, teils aufmüpfigen Phasen, denen der Besitzer mit Gelassenheit begegnen sollte.
"Sofawart"
Ab diesem Alter hat man dann einen angenehmen, verlässlichen Begleiter, der mit seinen Besitzern durch dick und dünn geht. Glücklicherweise altern Hovawarte erst recht spät, die Lebenserwartung liegt - der Rassegröße entsprechend - bei ca. 12 Jahren. Es gibt aber auch Exemplare, die 15 Jahre oder älter geworden sind.
Würdevoll ergraut, aber den Schalk im Nacken!

Verwendung
Von der Grundidee seiner "Schöpfer" her ist der Hovawart ein Hofhund, der seine Familie sowie sein Anwesen selbstständig bewacht und beschützt. Dieser ursprünglichen Aufgabe gehen auch heute noch Hovawarte auf Bauernhöfe u.ä. nach. Als anerkannte Gebrauchshundrasse sind Hovawarte aber auch für andere "Verwendungszwecke" prädestiniert. So eignet sich der Hovawart vor allem als Begleit- und Familienhund, Schutzhund, Fährtenhund, Rettungshund und für den Turnierhundesport. Auch die neueren Hundesportarten Agility und Obedience machen Hovis gerne mit, wenngleich sie dabei vielleicht nicht an die Erfolge anderer Rassen wie z.B. Border Collie heranreichen.

"Balkonwart"
Auch wenn man keine hundesportlichen Ambitionen hegt: Anzuraten ist auf jeden Fall der Besuch eines geeigneten Hundeplatzes oder einer entsprechenden Hundeschule, wo Prägungsspieltage und weiterführende Erziehungskurse (evtl. mit Ablegen einer verkehrssicheren Begleithundprüfung) angeboten werden.
"Sportwart"

Besonderheiten
An sich sind Hovawarte relativ problemlose, angenehme Hunde - eine entsprechende Erziehung und Sozialisation vorausgesetzt. Sie ziehen aufgrund ihres dichten Fells die Kälte der Sommerhitze vor, und halten sich gerne im Freien auf. Das heißt aber nicht, dass man einen Hovawart in den Zwinger wegsperren sollte, er braucht unbedingt engen Familienanschluss.
"Gartenwart"
Das dichte Fell verliert er allerdings auch gerne mal in der Wohnung, besonders Hovawarte aus reiner Wohnungshaltung haaren oft ganzjährig. Weiterhin bringt der Hovawart mit seinen langen Haaren recht viel Schmutz mit ins Haus - diese Rasse eignet sich daher nicht für Reinlichkeitsfanatiker!

Hovawart paniert (Wiener Art)

Die Rasse ist noch relativ inhomogen, was Charakter und Erscheinungsbild angeht. Es gibt große und derbe Vertreter mit üppigem Fell, schlankere und kleinere mit weniger Fell, stoisch-gelassene Charaktere ebenso wie unermüdlich-temperamentvolle und jede Menge Kombinationen zwischen diesen Extremen, so dass für jeden Geschmack etwas dabei ist.
Hovawarte sind für ihre Größe eine ziemlich gesunde Rasse, erbliche Defekte werden von den zuständigen Vereinen energisch bekämpft.

Alle drei Farbschläge

Auswahl eines Welpen
Der Rasse-Interessent sollte sich zunächst darüber klar werden, welchen Typ Hovawart er bevorzugt. Dazu kann der Besuch von Ausstellungen und Zucht- oder Leistungs-Prüfungen hilfreich sein.

 

Hat er sich für eine Linie entschieden, sollte er Kontakt zu Züchtern dieses Hovawart-Typs aufnehmen und diese besuchen. Erwachsene Hovawarte sollten sich Besuchern gegenüber freundlich und unbefangen verhalten, niemals scheu, hysterisch oder übermässig aggressiv. Die Welpen sollten ebenfalls offen und vorwitzig sein. Der Züchter sollte frühzeitig mit einer sorgfältigen Sozialisierung des Wurfes beginnen, die dann vom künftigen Welpenbesitzer fortgeführt wird. Stimmt die Chemie zwischen Welpeninteressent, Hunden und Züchtern, sollte das die Zuchtstätte der Wahl festlegen.
Noch ein Wort zu den Papieren: Es ist dringend anzuraten, nur einen Hovawart aus einer VDH-FCI assoziierten Zuchtstätte zu erwerben. Die drei Hovawart-Zuchtvereine innerhalb des VDH haben sehr strenge Auflagen, was die Zulassung der Züchter und der Zuchttiere angeht. So müssen die Züchter Schulungen absolvieren, die Hunde werden durch diverse tierärztliche Untersuchungen, Wesenstests und Erscheinungsbild-Kontollen dahingehend überprüft, ob sie typische Rassevertreter sind. Nur so hat der künftige Welpenkäufer die Gewähr, einen rassetypischen, wesensfesten und gesunden Welpen zu erwerben.

Finger weg von "Schnäppchen-Angeboten" aus der Tageszeitung - gewissenhafte Züchter haben es nicht nötig, ihre Welpen auf diese Weise anzupreisen, üblicherweise sind die meisten Welpen schon vor ihrer Geburt vorbestellt. Die Gefahr, über eine solche Anzeige einen untypischen, wesensschwachen oder gar kranken Welpen zu kaufen, ist zu groß. Dies sollte nicht aufgrund des evtl. günstigeren Welpenpreises in Kauf genommen werden.